Genehmigter Abdruck einer Info-Broschüre des
ESPERANTO-CENTRO Rheinstrasse 9 D-12159
Berlin Tel. /Fax 030-85961383
Dort ist auch ein Lehrprogramm für den
Selbstunterricht erhältlich:
Hermann Behrmann: ESPERANTO PROGRAMITA
Garantie: Der Inhalt des folgenden Artikels genügt, um
mit Hilfe eines Wörterbuchs* sofort Esperanto-Texte zu verfassen!
Die AUSSPRACHE von Esperanto bietet keine Schwierigkeiten. Es gibt nur eine einzige Betonungsregel: mehrsilbige Wörter haben den Ton auf der vorletzten Silbe. Nebeneinanderstehende Laute spricht man immer getrennt: s-porto, s-tudento, bi-ero = Bier. Einige Buchstaben weichen von der deutschen Aussprache ab: s ist immer scharf: kisi = küssen, sinjoro = Herr; ein z dagegen wird wie ein weiches s gesprochen (gesummt): rozo = Rose, zorgi = sorgen; v ist das deutsche w (das es als Buchstabe im Esperanto gar nicht gibt): verando, havi = haben; c wird stets wie in cigaro = Zigarre gesprochen, also auch in princo = Fürst, placo = Platz usw.
Auch die RECHTSCHREIBUNG ist vereinfacht: alles wird geschrieben wie gesprochen. Es gilt die gemäßigte Kleinschreibung: Großschreibung nur am Satzanfang und in Eigennamen, also teatro, grafologo, haro = Haar, hela = hell, paki = packen, kafo = Kaffee.
Nun zur SPRACHLEHRE, deren Regeln keine Ausnahmen kennen!
Alle HAUPTWÖRTER enden auf -o: tablo = Tisch, alle EIGENSCHAFTSWÖRTER auf -a: bona = gut, alle ZEITWÖRTER in der Grundform auf -i: ami = lieben. Statt der drei GESCHLECHTSWÖRTER (der, die, das) hat das Esperanto nur ein einziges: la, z. B. la tago, la minuto, la jaro. --- Das unbestimmte Geschlechtswort (ein, eine) fällt weg: tablo = (ein) Tisch, strato = (eine) Straße, eleganta auto = ein elegantes Auto.
((Einschub: Beim Wort "auto" ist anzumerken, dass man es in dieser Schreibweise mit getrennten Vokalen sprechen müßte. Der Esperantist hat daher für diesen Doppellaut folgende Regelung: über das u gehört ein u-Bogen, so wie in der alten sog. deutschen Schrift. Da spielt der Editor nicht mit, wenn man die Texte portabel halten möchte. In gedruckten Texten behilft man sich mit der Schreibweise: auxto oder awto. Man kann es auch einfach "übersehen", denn die Wörter mit getrenntem a-u sind nicht häufig; man merkt, wenn man es mit einem zu tun hat.))
In der MEHRZAHL wird an Haupt- und Eigenschaftswörter ein j angehängt. Man spricht -oj wie das eu in Efeu und -aj wie in Mai, z. B. la tabloj = die Tische, vortoj = Wörter, bonaj cigaroj = gute Zigarren.
Die Bildung der vier FÄLLE ergibt sich ohne weiteres aus folgender Übersicht:
la ronda tablo --- der runde Tisch
de la ronda tablo --- des runden Tisches
al la ronda tablo --- dem runden Tisch
la rondan tablon --- den runden Tisch
la floroj --- die Blumen
de la floroj --- der Blumen
al la floroj --- den Blumen
la florojn --- die Blumen
Der 4. Fall ermöglicht im Esperanto freie Wortstellung ohne besondere Regeln! Auch die Lehre vom ZEITWORT ist einfach. "Unregelmäßige Verben" gibt es nicht! Drei Endungen genügen für die drei Hauptzeiten aller Tätigkeitswörter: GEGENWART -as: mi amas = ich liebe, vi amas = du liebst usw.; VERGANGENHEIT -is: mi amis = ich liebte usw.; ZUKUNFT -os: mi amos = ich werde lieben usw.
In ähnlicher Weise bildet man die BEDINGUNGSFORM auf -us: mi lernus = ich würde lernen, vi havus = du würdest haben, du hättest. --- Die BEFEHLSFORM endet auf -u: lernu! = lerne, lernt, aber auch: mi lernu = ich soll lernen.
Selbst das unregelmäßigste aller deutschen Zeitwörter (sein = esti) geht nach derselben Regel: mi estas = ich bin, vi estas = du bist, li estas = er ist usw.; mi estis = ich war; mi estos = ich werde sein; mi estus = ich wäre, ich würde sein; estu = sei, seid!
Das Wörtchen "zu" vor der Grundform fällt weg: mi forgesis lerni = ich vergaß zu lernen. --- Bei der Verneinung tritt ne (= nicht) vor das Zeitwort: mi ne trinkas = ich trinke nicht.
Dann gibt es noch drei Buchstaben mit einem Dach darüber. ((Das ist wieder ein Portabilitäts- Problem: man kann sich mit einem Apostroph oder mit einem x behelfen, notfalls auch das Dach vor oder hinter den Buchstaben setzen: 's, sx, ^s, s^.)) Beispiele: 's = sch: 'safo, fi'so; 'c = tsch: 'cambro = Zimmer, ri'ca = reich; 'g = weiches dsch wie in Dschungel: 'gentila = höflich, lo'gi = wohnen.
Hier noch einmal alle Sonderzeichen auf einen Blick:
Von den persönlichen FÜRWÖRTERN kennen wir schon: mi = ich, vi = du (Sie). Dann folgen: li = er, 'si = sie, 'gi = es. Li und 'si gelten nur für Personen; für Sachen und Begriffe steht immer 'gi, z. B. la tablo, 'gi estas ronda = der Tisch, er ist rund; la strato, 'gi estas longa = die Straße, sie ist lang --- man braucht also keine "Geschlechter" der Dinge zu lernen! --- Dann die Fürwörter der Mehrzahl: ni = wir, vi = ihr, ili = sie, --- oni = man. Die Fälle werden wie beim Hauptwort gebildet: al mi = mir, min = mich.
Auf einfachste Weise leitet man aus den persönlichen die BESITZFÜRWÖRTER ab: durch Anhängen von -a, also mia = mein, via = dein, lia = sein usw. Mia libro = mein Buch, miaj libroj = meine Bücher, mi havas vian libron = ich habe dein Buch. Von si = sich leitet man ab: sia = sein, ihr. Sia bezieht sich immer auf den Satzgegenstand: li amas sion filon = er liebt seinen (eigenen) Sohn, aber: li amas lian filon = er liebt seinen Sohn (den eines anderen).
Eine Wortart, die in vielen Sprachen besondere Schwierigkeiten bereitet, sind die VERHÄLTNISWÖRTER. Auch ihre Anwendung ist im Esperanto vereinfacht: sie haben alle eine klar umrissene Bedeutung, und sie stehen mit dem 1. Fall, z. B. en la parko = in dem Park, sur la strato = auf der Straße, por la patro = für den Vater. In Zweifelsfällen gebraucht man das unbestimmte "je": je miaj kostoj = auf meine Kosten, je mia bedauro = zu meinem Bedauern. --- Wie im Deutschen bezeichnet man nach örtlichen Verhältniswörtern die Richtung durch den 4. Fall: en la parkon = in den Park, sur la straton = auf die Straße. --- Nach MENGENANGABEN steht das Wörtchen "da": funto da kafo = ein Pfund Kaffee, glaso da vino = ein Glas Wein.
Das ZAHLENSYSTEM: unu 1, du 2, tri 3, kvar 4, kvin 5, ses 6, sep 7, ok 8, nau 9, dek 10; cent 100, mil 1000. Daraus bildet man alle weiteren Zahlen nach der Reihenfolge der Ziffern: dek-unu 11, dek-du 12; dudek 20, tridek 30; kvarcent 400; kvinmil 5000; mil-naucent-naudek-ses 1996. --- Durch Anhängen von -a erhält man: unua = erster, dua = zweiter usw. Die Endung -e ergibt: unue = erstens, due = zweitens usw. Zahlhauptwörter enden auf -o: deko = Zehner, dekduo = Dutzend; miliono = Million usw. Bruchzahlen bilden wir mit der Nachsilbe -on: duono = Hälfte, duona = halb, tri kvaronoj = drei Viertel.
Wir kommen zurück zum Eigenschaftswort. Die STEIGERUNG erfolgt durch Vorsetzen von pli = mehr und plej = meist. Mi estas pli granda ol vi = ich bin größer als du; 'si estas la plej bela el la infanoj = sie ist die schönste unter (von) den Kindern. Das vom Eigenschaftswort abgeleitete UMSTANDSWORT hat, ähnlich wie in anderen Sprachen, eine eigene Endung: -e. Vergleiche:
Eva estas bela = Eva ist schön (Eigenschaft).
Eva kantas bele = Eva singt schön (Umstandswort, gehört zum Zeitwort).
Das Umstandswort steht auch in "unpersönlichen Ausdrücken", z. B. es ist warm = estas varme. Dieses bedeutungslose "es" fällt immer weg: pluvas = es regnet; 'sajnas, ke = es scheint, dass ...
In vielen Sprachen spielen die MITTELWÖRTER eine große Rolle, auch im Esperanto. Beispiele: liebend = amanta, rauchend = fumanta. Man kann das Mittelwort auch in die Vergangenheit und Zukunft setzen: aminta = liebend gewesen, amonta = liebend werdend. --- Ebenso ist es in der Leideform: fumata = (jetzt) geraucht, fumita = geraucht worden, fumota = (künftig) geraucht.
Mit diesen Mittelwörtern und dem Hilfszeitwort esti = sein bildet man die ZUSAMMENGESETZTEN ZEITEN, z. B. mi estas falinta = ich bin gefallen, mi estis falinta = ich war gefallen usw.; in der Leideform heißt es: mi estas amata = ich werde geliebt, mi estis amata = ich wurde geliebt; mi estas amita = ich bin geliebt worden, mi estis amita = ich war geliebt worden.
((Einschub: diese etwas komplizierteren Konstruktionen werden in der Sprechpraxis so gut wie gar nicht benötigt!))
Nachzutragen wären noch einige Bemerkungen zum 4. Fall und über die Fragesätze:
Wie im Deutschen steht der 4. Fall auch bei ZEIT-, MASS- UND PREISANGABEN: letzten Sonnabend = lastan sabaton; der Koffer wiegt einen Zentner = la kofro pezas unu funtocenton; das kostete nur einen Dollar = tio kostis nur unu dolaron. --- Der 4. Fall darf auch statt des 3. Falles gesetzt werden (wenn das Zeitwort nicht schon einen 4. Fall bei sich hat): ich danke dir = mi dankas al vi (3. Fall) = mi dankas vin (4. Fall).
FRAGESÄTZE, die ohne Fragewort beginnen, werden mit 'cu = ob eingeleitet. Die gewöhnliche Wortfolge ändert sich dabei nicht, z. B.: 'Cu la auto haltas? = Hält das Auto? Jes = ja! 'Cu vi fumas? = Rauchen Sie? Ne = nein!
Erwähnt seien auch die Laute 'h = ch wie in "ach": ja'hto = Jacht; eu (mit u-Bogen) = eu: neutrala, sowie 'j = weiches sch: 'jurnalo.
Ersichtlich schöpft Esperanto weitgehend aus dem bekannten internationalen Wortvorrat und erleichtert dadurch das Lernen. Dasselbe Ziel verfolgt die WORTBILDUNG. So kann man durch bloßen Austausch der Endungen aus einem Wort weitere ableiten: koro = Herz, kora = herzlich; saluti = grüßen, saluto = Gruß; telefono = Telefon, telefona = telefonisch, telefoni = telefonieren.
Auch lassen sich wie im Deutschen ohne weiteres Zusammensetzungen bilden, z. B. kafotaso, je nach Wohlklang mit oder ohne Endung des ersten Teils: bierglaso, skribma'sino, oder bei viel zu langen Wörtern durch Adjektivierung des ersten Teils: universitata profesoro = Universitätsprofessor.
Schließlich können durch Vor- und Nachsilben unzählige abgeleitete Wörter völlig regelmäßig gebildet werden. So bildet die Vorsilbe mal- das Gegenteil (das halbiert insbesondere die Menge der Adjektive in Esperanto): hela = hell, malhela = dunkel; ami = lieben, malami = hassen; malamiko = Feind usw. Die Nachsilbe -in- (plus Endung -o selbstverständlich) bezeichnet das weibliche Geschlecht: re'go = König, re'gino = Königin; filo kaj filino = Sohn und Tochter.
Es ist sogar zu einer für Deutsche bemerkenswerten Bildung rückwärts gekommen (mit fast feministischem Einschlag): das Wort für "eine junge Frau" ist "fraulino" (mit u-Bogen, natürlich verwandt mit dem deutschen "Fräulein"), das Wort für Junggeselle ist dann logischerweise: fraulo!
Der Einschub -et- schwächt die Begriffe ab: strato = Straße, strateto = Gasse; varma, varmeta = lauwarm usw.; -ar- bezeichnet Ansammlungen: arbo = Baum, arbaro = Wald; monto = Berg, montaro = Gebirge; -ig- bedeutet soviel wie "machen": pura = rein, purigi = reinigen; klara = klar, klarigi = erklären usw. Esperanto besitzt 40 solcher Wortbildungssilben, mit denen man Tausende von Wörtern bilden kann, ohne sie besonders lernen zu müssen.
*) empfehlenswertes Wörterbuch für Einsteiger:
Erich-Dieter Krause: Kompaktwörterbuch Esperanto.
Esperanto-Deutsch;
Deutsch-Esperanto.
Langenscheidt 1995. ISBN 3-324-00607-4
(Helmut Lasarcyk homepage / February 2000)